Sofort sind Denunziation und Hass im Spiel. Die Liebe des Christen zu Recha wird lebensgefährlich für Nathan. Nun muss er weise sein und sehr schlau. Geschichten erzählen kann Leben retten. Und Nathan kennt Geschichten … Er stiftet eine Konfessionen übergreifende Wahlverwandtschaft als Modell eines friedlichen Gemeinwesens, in dem die durch Kriege heimatlos gewordenen Individuen wie versprengte Teilchen zu einem neuen Ganzen zusammenwachsen sollen. Wenn sie können. Und wollen. Nathan der weise volkstheater wien stadium. Nathan der Weise, das erste Blankversdrama in deutscher Sprache, das Lessing zwei Jahre vor seinem Tod verfasste, enthält dessen Credo in Hinblick auf Religion, Weltanschauung und Geschichtsphilosophie. Der prominente Puppenspieler und Regisseur Nikolaus Habjan eröffnet mit seiner Version für Schauspieler/innen und Puppen heutige Bezugsfelder. Nach Das Missverständnis und der Uraufführung von Das Wechselbälgchen führt er zum dritten Mal Regie am Volkstheater. Sichern Sie sich Tickets und erleben sie den Klassiker auf der Bühne des Volkstheaters.
- Nathan der weise volkstheater wien
- Nathan der weise volkstheater wien stadium
Nathan Der Weise Volkstheater Wien
Der Glaube ist ein Kriegsschauplatz, das zeigt die Brandruine, die hier mehr als nur Nathans Haus, sondern sinnbildlich für die Gesamtheit des Nahen Osten ist. An der Rampe verkohlte Menschenkörper. Auftritt Nathan mit Koffer und einem Verzweiflungsschrei. Und wie er dann Recha herzt und an seine Brust zieht und sie blutet und ihr die Haare ausfallen und sie in sich zusammenklappt, bleibt fraglich…
Ob sie überhaupt noch lebt? Oder doch Leiche ist? Ob nicht eher aus Nathans Trauma gerade ein Wunschtraum entsteht? Schließlich ist Lessings Schluss, der alle drei abrahamitischen Religionen in einer Familie versöhnt, ja ohnedies traumhaft. Nathan der weise volkstheater wien. Nathan beginnt, die Toten mit Tüchern zuzudecken, und das wird er am Ende mit den wie in Stasis gefallenen Darstellern wieder tun. Macht sich Nikolaus Habjan an eine Theaterproduktion, so ist die Erwartungshaltung natürlich, dass er seine Puppen mitbringt. Diesmal sind es zwei. Günter Franzmeier als Nathan hat ein Puppen-Alter-Ego, dem Stefan Suske, schwarz verhüllt wie beim Bunraku, die Stimme leiht.
Nathan Der Weise Volkstheater Wien Stadium
Im starken Kontrast dazu stehen der Großteil der Kostüme (ebenfalls Heschl) und vor allem die Sprache, der das Publikum auch mit englischen sowie erstmals am Volkstheater auch mit arabischen Übertiteln folgen kann. Das Ensemble und Habjan lassen Lessings Text das erzählen, was er seit Jahrhunderten treffsicher kann - nämlich verlässlich darauf hinweisen, dass sich das Trennende schnell in Verbindendes verwandeln könnte. Nathan der weise volkstheater wien usa. In der momentanen gesellschaftlichen Situation, in der vor allem dem Trennenden viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, gibt Habjan dem Geschehen vor allem durch die Gestaltung des Settings eine aktuelle Note. Sein Nathan wird von Franzmeier zweifelnd, teilweise isoliert und am Rande der Überforderung dargestellt. Claudia Sabitzer treibt als Daja ihr eigenes, von Liebe und noch mehr Egoismus angetriebenes Spiel. Die Schauspieler machen sich durchwegs überzeugend Gedanken über ihren Platz in der Welt und die ihnen durch die Religion zugedachten Rollen, die sich am Boden der verworrenen Realität schwerlich leben lassen.
Sehr intensiv deutet Habjan mit seiner Arbeit darauf hin, wie die Menschen sich verstehen könnten, wenn die Systeme nicht wären. Die Aufführung hat auch Humor. Der eine oder andere lapidar hingeworfene Satz, 1779 so wahr wie 2017, macht das Publikum lachen. Entzückend ist eine Rendezvous-Szene von Recha und dem jungen Tempelherrn, mit Kofferradio, Keksen – und der unvermeidlichen Daja als Anstandsdame. Lessing im Ascheregen - Düsterer „Nathan der Weise“ im Volkstheater | Tiroler Tageszeitung Online – Nachrichten von jetzt!. Katharina Klar spielt Recha als teenagerisches Trotzköpfchen, das sich auch zu Boden wirft, um seinen Willen durchzusetzen. Christoph Rothenbuchner stattet den liebesgierigen Ordensritter mit der Forschheit der Jugend aus, weiß aber auch pointiert Momente der Ohnmacht inmitten des Glaubenswahns anzuspielen. Stefan Suske schließlich ist der Klosterbruder, der die Verwicklungen einst ins Rollen brachte. "Was man ist und was man sein muss in der Welt, das passt ja wohl nicht immer", sagt er an einer Stelle, an der er über den Juden Jesus philosophiert. Der Patriarch von Jerusalem ist ein unversöhnlicher Fanatiker: die Puppenspielerinnen Steffi Krautz, Katharina Klar und Claudia Sabitzer mit Stefan Suske und Christoph Rothenbuchner.