Zu den am häufigsten zitierten Versen dieses großen Lyrikers zählen die ersten Zeilen des Gedichts "Der fliegende Robert": "Eskapismus, ruft ihr mir zu / vorwurfsvoll. / Was denn sonst, antworte ich / bei diesem Sauwetter! - "So oft sind diese Zeilen zitiert worden, daß mancher sie schon für das ganze Gedicht halten mag. Z u den am häufigsten zitierten Versen dieses großen Lyrikers zählen die ersten Zeilen des Gedichts "Der fliegende Robert": "Eskapismus, ruft ihr mir zu / vorwurfsvoll. / Was denn sonst, antworte ich / bei diesem Sauwetter! - "
So oft sind diese Zeilen zitiert worden, daß mancher sie schon für das ganze Gedicht halten mag. Aber es geht weiter, und was noch folgt, lohnt die Lektüre. Die letzten Zeilen lauten: "Ich hinterlasse nichts weiter / als eine Legende, / mit der ihr Neidhammel, wenn es draußen stürmt, / euern Kindern in den Ohren liegt, / damit sie euch nicht davonfliegen. " Gut zwanzig Jahre alt ist dieses Gedicht, und die Legende seines Verfassers ist in diesem Zeitraum noch einmal beträchtlich größer geworden.
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Der Fliegende Robert Enzensberger 2
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5 abgegebenen Stimmen. Von: Ernst Eisenbichler
Stand: 12. 11. 2009
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"Eskapismus, ruft ihr mir zu, / vorwurfsvoll, / Was denn sonst, antworte ich, / bei diesem Sauwetter! " Anfang des Gedichts 'Der Fliegende Robert' (1980)
Diese Zeilen darf man getrost als eine Art Selbstbeschreibung des Schriftstellers Enzensberger lesen. Assoziationen dieser Art scheinen sich für ihn anzubieten: "Luftwesen" nannte ihn einst Kollege Rühmkorf. "Überflieger" träfe wohl auch zu für einen Lyriker, Essayisten, vielsprachigen Übersetzer, Herausgeber, Zeitschriftengründer, Kinderbuchautor, Mathematik-Fan, politischen Aktivisten bei den 68ern und auf Kuba, Analysierer von gesellschaftlichen Groß- und Sauwetterlagen. Eskapismus
Flucht aus der Wirklichkeit in eine Scheinrealität, der Begriff geht zurück aufs Lateinische ( excapere = entkommen) bzw. aufs Englische ( to escape = entfliehen, entkommen, entwischen). Eskapismus ist gewöhnlich negativ besetzt oder steht sogar unter Ideologieverdacht: Der politische Eskapist schirmt sich in seiner Privatheit von gesellschaftlichen Entwicklungen ab.
Der Fliegende Robert Enzensberger
Schmuzelnd zum Teil und zum Teil schenkelklopfend lachend haben wir Andreas Thalmayrs Fake Poems im Wasserzeichen der Poesie gelesen und uns dann doch geärgert, wenn er mit seiner gewitzten Feder auch die eigenen Poesie-Helden nicht außen vor gelassen hat. Adorno hat Enzensberger als einen der wenigen "Dichter in dürftiger (Nachkriegs-)Zeit" anerkannt. Aber Enzensberger lässt sich nicht auf die, wie er sagt, "asoziale Arbeit" des Dichtens reduzieren. Das Gedicht ist ihm als Form der Begrenzung der Kern seines Schreibens. Aber er ist in Nebenberufung Essayist, Übersetzer und nicht zuletzt Herausgeber. Er war es z. B., der das "Kursbuch" des Aufbruchs in ein neues bundesrepublikanisches Selbstverständnis herausgegeben hat. In " Die Furie des Verschwindens " findet sich ein Gedicht, das, weil es leider wohl nicht auf mich passt, ganz gut das "Vorbild" beschreibt. Der Fliegende Robert Eskapismus, ruft ihr mir zu, vorwurfsvoll. Was denn sonst, antworte ich, bei diesem Sauwetter! –, spanne den Regenschirm auf und erhebe mich in die Lüfte.
Der Fliegende Robert Enzensberger Ii
Der fliegende Robert als Lehrjunge in Hans Magnus Enzensbergers Werkstatt /
Von Hubert Spiegel
D er Sturm ist vorüber, der Wind hat nachgelassen, der fliegende Robert ist wieder gelandet. Hat er je erzählt, was er alles gesehen hat, wo er überall gewesen ist? Ist er je gefragt worden, was Hans Magnus Enzensberger jetzt im Titel seines jüngsten Buches fragt: "Wo warst du, Robert? " Wer Enzensberger kennt, weiß, daß dieser Autor die Fragen, die er stellt, selbst zu beantworten pflegt. Mit einem Satz, einem Aphorismus, einem Gedicht oder einem Essay. Nur nicht mit einem Roman. Seit 1972 "Der kurze Sommer der Anarchie" erschienen ist, gilt Enzensberger, nicht zuletzt auch in seiner eigenen Einschätzung, als Schriftsteller, der keine Romane schreiben kann. Ist "Wo warst du, Robert" ein Kinderbuch für Erwachsene? Oder ein "Roman", wie auf dem Einband zu lesen steht, ein Roman für Kinder? Im Jahr 1982 fragte sich Enzensberger, was der kleine Melanchthon, geboren im badischen Bretten, eigentlich gelernt haben mochte.
Der Fliegende Robert Enzensberger De La
Scheinbar demütig heißt es in der vorletzten Zeile: "Wenn ihr könnt, verzeiht mir. " Aber erst der Schluß, "Oder ihr laßt es bleiben", zeigt, was wirklich geschieht: Hier werden Zumutungen abgeschüttelt. Immer wieder geht es in diesen Versen um all das, was sich einer vom Leib halten will, weil er nur dann frei ist, frei genug ist für das, was ihm wichtig ist. "Je mehr da ist, / desto vermeidbarer ist das meiste. Nur / das Unauffällige bleibt, / seelenruhig", heißt es in dem Gedicht "Ein kleiner Beitrag zur Verminderung". Ganz ähnlich klang es schon vor acht Jahren, im Band "Kiosk". Damals hieß es in "Minimalprogramm": "Nur wer vieles übersieht, // kann manches sehen. / Das Ich: eine Hohlform, // definiert durch das, was es wegläßt. / Was man festhalten kann, // was einen festhält, das ist das Wenigste. " Aber was mag es sein, dieses "Wenigste"? Eine mögliche Antwort darauf gibt die "Überflüssige Elegie": "Das Überflüssige, hüte es. Viel nämlich / bleibt nicht von Dir, wenn Du es fortwirfst. "
Natürlich war ich Mitherausgeber einer Schülerzeitung. Es gab eigene Gedichte – oder sagen wir besser in verkürzten Zeilen formulierte Empfindungsfeierlichkeiten. Ich dachte und schrieb – jedenfalls versuchte ich es – wie Arno Schmidt. Der freilich galt als unpolitisch. Anders als Enzensberger. Der war als Vorbild tauglich. Nur Vorbilder waren aus der Mode – als intellektuelle Avantgarde aber war er OK. Das waren die späten Siebziger. Und deshalb musste natürlich auch das Oberstufen-Gedicht von Enzensberger besprochen werden. Das müsste damals im sogenannten JUSO-Biber erschienen sein – im Kulturteil, den's natürlich nicht gab, weil alles politisch war, und deshalb auch auf der mittigen Doppelseite des im Offset-Drucks produzierten Hefts erscheinen durfte. Das war ziemlich überflüssig. Denn auch unsere Deutschlehrer waren mehrheitlich links und Enzensbergers Lob der Fahrpläne wurde natürlich (! ) auch im Unterricht behandelt. Enzensberger hat später selbst angedeutet, dass er selbst darauf spekuliert hatte, " Ins Lesebuch für die Oberschule " zu kommen.