Inzwischen gehen die Forschungen sogar so weit, dass nicht nur im Bereich des sichtbaren biologischen Lebens alles miteinander vernetzt ist. Selbst die Wirkung von Gedanken und Gefühlen sind erforscht. So messen Psychologen in Test den Speichelfluss des Probanden beim Verfolgen eines Bisses in eine Zitrone durch eine andere Person und können daraus auf die Aktivierung der Spiegelneuronen schließen. Die Fähigkeit von Mitgefühl und Empathie braucht diese, um eingeübt werden zu können. Die Forschungen der letzten 50 Jahre haben in vielen Bereichen genau diese Vernetzung des Lebens immer tiefgehender unter die Lupe genommen. Und uns gelingen so immer tiefere Blicke in Zusammenhänge, welche erst mal so nicht auf der Hand liegen. Zum Sinnbild der unsichtbaren Vernetzungen ist das Internet geworden, dessen Auswirkungen und weitreichende Verzweigungen niemand mehr durchschauen kann. Anhand dessen, was wir gelegentlich ausschnittweise mitbekommen, ahnen wir, wie sehr alles mit allem verbunden ist.
Alles Mit Allem Verbunden Und
Wie können wir uns in einer Zeit, in der die Welt vor existentiellen Fragen steht, dem Yoga widmen? Eine Bedeutungsebene von Yoga ist Gleichheit, samatva, wie es in der Bhagavad G ītā heißt. Es ist Gleich-Sein, Einklang, Ausgewogenheit, Gleichmut, Harmonie, Ebenmäßigkeit, Gleichheit – auch soziale Gleichheit. In sich ruhen und gleichzeitig verbunden sein mit allem, das ist s amatva. Es könnte ein Schlüsselbegriff dafür sein, wie wir zurückfinden zu einer Perspektive der Verbundenheit und wie wir über diese Zeit der Verunsicherung hinauswachsen, gemeinsam und mit Gleichmut und Vertrauen. Zwei Ansatzpunkte können die Erfahrung des samatva im Alltag fördern: Erstens die stetige, tägliche Hinwendung zu dem tiefsten Wesenskern in uns, zu der Lebensessenz, die wir sind. Zweitens, das zu pflegen, was in uns das Gewahrsein der Verbundenheit, des Gemeinsam-in-dieser-Welt-Seins stärkt. Ohne die vielen, konkreten Übungen im Yoga aufzuzählen, die uns der Erfahrung des samatva näher bringen können, möchte ich hier die allgemeine Linie aufzeigen, die in diese Richtung weist.
Denn in Wirklichkeit ist er das. Sprich so, als wäre die ganze Welt ein einziges Ohr, das hören will, was du sagst. Und in Wirklichkeit ist sie das. Handle so, als würde jede deiner Taten auf deinen Kopf zurückprallen. Und in Wirklichkeit tun sie das. Wünsche dir also die Dinge so, als wärst du der Wunsch. Und in Wirklichkeit bist du das. " Jede Idee der Trennung zwischen meinem Denken und dem, was daraus folgt, oder meinem Handeln und Ereignissen, die um mich herum stattfinden, erweist sich damit letztlich als Illusion. Das, was wir als gegeben in unserer Welt erfahren, ein Leben in Dualitäten, wird damit in Frage gestellt. Wir erfahren es, und doch ist es nur immer Teil einer viel größeren Wirklichkeit. Dieser Gedanke hat Menschen immer wieder fasziniert und die Sehnsucht in vielen über Jahrhunderte geweckt, so etwas wie die Nonduale Einheit erfahren zu wollen. Die vielen spirituellen Wege, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind, können wir in diesem Sinne als Versuche verstehen, dieses "alles ist mit allem verbunden" immer tiefer erfahren zu wollen.