Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07. 08. 2015 Gefangene des Marschalls Lilli Thals neuer Roman "Die Puppenspieler von Flore" Wann gab es zuletzt ein Jugendbuch von prosaischer Länge, das einen so in die Handlung zog? Lilli Thals Puppenspieler von Flore erinnert an den 2002 erschienenen Antikriegs-Roman Morgen war Krieg des Australiers John Marsden, in dem sich Seite für Seite die ausweglose Situation von Jugendlichen zuspitzt, die während einer Wanderung ins Outback erfahren, dass ihr Land von einer feindlichen Macht besetzt worden ist. Wie Marsdens Roman prägt die Geschichte der in Franken lebenden Autorin (die mit bürgerlichem Namen Heidi Günther heißt) eine hochverdichtete Handlung aus Ereignissen in einer fiktiven Welt und realistischen Szenarien, mit psychologisch fein gezeichneten Charakteren. Lilli Thal siedelt ihre Geschichte in einer teils relativ modernen Welt an (es gibt Flugzeuge, aber keine Telefone) und in einem isolierten und rückständigen Land. Die Hauptschauplätze der Handlung heißen Corona – eine Weltmacht, die stark an die Vereinigten Staaten erinnert – und Flore, der mächtige Erzfeind im Osten, der in seinem diktatorischen Machtgefüge am ehesten Nordkorea ähnelt.
Die Puppenspieler Von Flore Intestinale
(Gerstenberg-Verlag 2015, 476 Seiten)
Obwohl Lilli Thal bereits einige ausgezeichnete Jugendromane geschrieben hat, habe ich noch kein Buch der deutschen Autorin gelesen – "Die Puppenspieler von Flore", das ich wärmstens ans Herz gelegt bekommen habe, war also meine Erstbegegnung mit der Autorin. Der Titel gibt, finde ich, nicht so wirklich wieder, um was es in dem Buch geht. Man erwartet am ehesten ein Kinder- oder Fantasybuch, aber beides ist Lilli Thals Roman nicht. Wenn man den Roman schon in eine Kategorie einordnen wollte, dann würde ich ihn am ehesten als Dystopie, die in einer anderen Welt spielt, bezeichnen. Inhalt:
Am Tag seiner Schulabschlussfeier wird Tomaso aus der Schule geholt, ohne dass er vorher darüber informiert worden wäre. Seine Eltern hatten zu Hause schon eine Feier vorbereitet, aber daraus wird nichts, denn mit 19 anderen Jugendlichen wird Tomaso in einem Bus außer Landes gebracht und landet schließlich mit ihnen in einem Wüstencamp. Dieses befindet sich in Corona, dem angrenzenden Land von Parman, wo Tomaso bei seinen Eltern gelebt hatte.
Die Puppenspieler Von Flore Et La Faune
Nur durch Zufall treffen sie auf ein anderes Operationsteam, das eine Brieftaube nach Corona schickt, um sie zu evakuieren. Evakuiert und zurück in der Heimat, bekommen die Jugendlichen als Belohnung für ihre Spionage eigene Häuser und Geld. Vor dem Ende erfährt der Leser noch, dass ihr Anführer zu den Gegnern übergelaufen ist. [1]
Literarische Gattung und Stil [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Buch ist ein Jugendroman, obwohl die Jugendlichen viele traumatische Erlebnisse haben. Zudem kann man es als Dystopie bezeichnen. [2] Man kann es der literarischen Gattung Epik zuordnen. Es ist "nah am Leben" und "stilsicher" geschrieben. Vom Verlag wird es für Jugendliche ab 14 Jahren empfohlen. Rezeption [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Für Siggi Seuß von der Süddeutschen Zeitung gehört Lilli Thal zu den großen Autorinnen der zeitgenössischen Jugendliteratur – und in Die Puppenspieler von Flores sieht er seinen Eindruck vollends bestätigt. In einer fiktiven, halbmodernen Welt mit Staaten, die an die USA und Nordkorea erinnern, sei die Geschichte angesiedelt, und dabei durchgehend fesselnd erzählt.
Die Puppenspieler Von Flore Sauvages
Lilli Thal Die Puppenspieler von Flore (ab 14 Jahre) Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2015
ISBN
9783836958011 Gebunden, 480 Seiten, 19, 95
EUR
Klappentext Zwanzig Jugendliche werden vom coronischen Geheimdienst entführt und in ein Wüstencamp gebracht. Dort bereitet man sie auf ihre Mission vor, in der gefährlichsten Militärdiktatur der Welt zu spionieren: in Flore, Coronas Erzfeind. Vor Ort erwartet sie ihr Leader, ein Agent, der von einer einzigen Idee besessen ist: den mächtigen Marschall Utuk, Chef des florischen Geheimdienstes, zu stürzen. Tamaso wird in das Haus des Marschalls eingeschleust. Ein Ort des Schreckens und des Lichts: Während im Keller gefoltert und gemordet wird, wird im zweiten Stock Puppentheater gespielt. Aber auch die Puppenspieler spielen buchstäblich um ihr Leben - genau wie Tamaso und die anderen jungen Agenten. Putschversuche, Verräter, doppeltes Spiel: Ihre Mission wird zum Tanz auf dem Vulkan. Und nicht alle werden überleben. Rezensionsnotiz zu
Neue Zürcher Zeitung, 03.
Die Puppenspieler Von Flore Des Sables
Dort werden Gegner des Regimes gefoltert und ermordet. Im Haus des Marschalls scheint es eine familiäre Opposition zu geben – Ehefrau und Sohn –, die mit dem historischen Puppenspiel die Brutalität des Systems auf subtile Art entlarven und damit auch Menschen vor dem sicheren Tod retten: Alle Spieler sind Gefangene des Marschalls. Lilli Thal entwickelt mit großem dramaturgischen Geschick und einer lebensnahen, dialogreichen, stilsicheren und – vor allem in den Puppenspielszenen – auch poetischen Sprache eine komplexe und spannende Handlung. Sie wechselt die Schauplätze, lässt die Jugendlichen die Grausamkeiten und Abnormitäten eines Terrorregimes genauso erfahren wie die Überheblichkeit systemtreuer Anhänger der freien Welt. Die Jugendlichen treffen auf Menschen, die versuchen, ihre Individualität und Menschlichkeit zu bewahren, aber sie begegnen ebenso fanatisch verblendeten Gestalten. Und natürlich gibt es im Roman zarte erste Lieben, es gibt Freundschaften, aber auch ein von Hass zerfressenes Verhältnis zwischen zwei Jugendlichen.
Die Puppenspieler Von Flore De France
So aber konnte ich weder meinem Vater noch meiner Mutter oder meinen kleinen Brüdern Lebewohl sagen, bis heute nicht. " (Zitat Tamaso, Seite 7)
Tamaso Kabun, bisher wohlbehütet aufgewachsen in Parman, ist sechzehn Jahre alt, als er ohne jegliche Vorwarnung an seinem letzten Schultag von den Männern des coronischen Geheimdienstes abgeführt und auf sofortigem Weg in ein geheimes Wüstencamp gebracht wird. Insgesamt sind es zwanzig Jugendliche, die auf diese Art und Weise entführt werden, um sie in dem Camp auf eine ganz besondere Mission vorzubereiten: Das sogenannte Projekt Mimikry. Fortan gelten sie als Rekruten, die innerhalb eines Jahres zu Agenten ausgebildet werden sollen, um im gefürchteten Flore zu spionieren. Unter härtesten Bedingungen werden die Jugendlichen auf ihre Aufgabe vorbereitet. Sie sind von der Außenwelt völlig isoliert. Der Kontakt zu Familie, Freunden und andere Verbindungen sind strengstens untersagt. Und auch vor physischer und psychischer Gewalt schrecken die Ausbilder im Camp nicht zurück.
Zwischen den beiden Mächten liegt ein kleiner Staat ohne Expansionsgelüste: Parman. Aus jenem Parman werden eines Tages zwanzig 16-jährige Jugendliche an ihrem letzten Schultag direkt aus ihren Klassenzimmern von coronischen Agenten entführt. Wie wir Leser nach und nach erfahren, sind die jungen Leute geborene Coroner, die im Säuglingsalter mit Einwilligung der patriotischen Eltern in parmanische Pflegefamilien gegeben wurden. Die ahnungslosen Kinder wuchsen als Parmaner auf, bis man sie auf eine Militärbasis des coronischen Geheimdienstes brachte, um sie dort zu Spionen auszubilden, nach Flore einzuschleusen und dort als Domestiken in Haushalten mächtiger Personen arbeiten zu lassen. Der Erzähler, Tamaso, ein handwerklich äußerst geschickter Junge, hat dabei den heikelsten Auftrag. Er arbeitet als Mechaniker im Haus eines für seine Brutalität berüchtigten Marschalls. Die furchtbarste Erfahrung für den jungen Mann ist die Entdeckung, dass, während man im ersten Stock des Anwesens die Geschichte Flores als filigranes Puppenspiel einübt, in den Kellergewölben Grausames geschieht.