Herbst
Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde. Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit. Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. Und sieh dir andre an: es ist in allen. Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält. (Rainer Maria Rilke, 1875-1926, deutsch-österr. Dichter)
Vorgefühl
Ich bin wie eine Fahne von Fernen umgeben. Ich ahne die Winde, die kommen, und muss sie leben,
während die Dinge unten sich noch nicht rühren:
die Türen schliessen noch sanft, und in den Kaminen ist Stille;
die Fenster zittern noch nicht, und der Staub ist noch schwer. Da weiss ich die Stürme schon und bin erregt wie das Meer. Und breite mich aus und falle in mich hinein
und werfe mich ab und bin ganz allein
in dem grossen Sturm. Leise von den Alleen
ergriffen, rechts und links,
folgend dem Weitergehen
irgend eines Winks,
trittst du mit einem Male
in das Beisammensein
einer schattigen Wasserschale
mit vier Bänken aus Stein;
in eine abgetrennte
Zeit, die allein vergeht.
- Die blätter fallen fallen wie von weit rilke
Die Blätter Fallen Fallen Wie Von Weit Rilke
Auf feuchte Postamente,
auf denen nichts mehr steht,
hebst du einen tiefen
erwartenden Atemzug;
während das silberne Triefen
von dem dunkeln Bug
dich schon zu den Seinen
zählt und weiterspricht. Und du fühlst dich unter Steinen
die hören, und rührst dich nicht. © Bild Monika Minder, darf für privat=offline (Karten, Mails... ) kostenlos verwendet werden. > Nutzung Bilder
Bild-Text:
Sei jedem Abschied voraus. (Rainer Maria Rilke)
Herbsttag
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr gross. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los. Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süsse in den schweren Wein. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. Ende des Herbstes
Ich sehe seit einer Zeit,
wie alles sich verwandelt.
Insgesamt wirkt das Gedicht depressiv und traurig und man kann ein gewisses Lob an Gott erkennen, weil er die Menschen so gut tröstet und ihnen beisteht. Mein erster Eindruck in der Einleitung hat sich also bestätigt, doch habe ich die positive Haltung gegenüber Gott dabei nicht beachtet. Daher ist es auch kein reines Naturgedicht, sondern auch ein wenig ein religiöses Gedicht. Ich finde Rainer Maria Rilke bringt seine Aufgabe, die er in seinen Dichtungen sieht, gut herüber. Er will die Welt stets als Sinn des Daseins retten. Bei diesem Gedicht macht er es auf die Art und Weise, dass er die Menschen versteckt auffordert, wenn sie depressiv sind zu Gott zu gehen, der sie immer unterstützt und dem Leben einen Sinn gibt. Er beschreibt alles sehr genau.