Am Samstag feierte Dennis Kellys Die Opferung von Gorge Mastromas im E. T. A. -Hoffmann-Theater Premiere. © Thomas Bachmann
"Ein guter Mensch sein? Ja, wer wär's nicht gern? Doch leider sind auf diesem Sterne eben die Mittel kärglich und die Menschen roh. Wer möchte nicht in Fried und Eintracht leben? Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so! " Diese Annahme ist nicht das einzige, das Dennis Kellys Die Opferung von Gorge Mastromas mit Brechts Dreigroschenoper gemein hat. Beide präsentieren sie Hauptfiguren, deren ethisch fragwürdige Lebensphilosophie aufgrund ihrer Stellung erheblichen Einfluss auf ihr soziales Umfeld hat. Damit stellen sie gleichzeitig die Frage nach dem Wert von Moral und Verantwortung – und in welchem Zusammenhang sie mit dem eigenen Lebensglück stehen. Frank Behnke inszenierte das Stück temporeich und originell. Die Opferung von Gorge Mastromas - Schauspiel von Dennis Kelly - 17.06. Berlin | Tickets. Die Figur des Gorge verteilte er auf fünf Schauspieler, die sein Leben amüsiert erzählen. Den Spaß, den es uns macht, von den Missgeschicken, Zweifeln und Liebesabenteuern anderer zu erzählen, merkt man auch ihnen an.
Die Opferung Von Gorge Mastromas - Schauspiel Von Dennis Kelly - 17.06. Berlin | Tickets
Könnte, immer wieder: Gorges Leben wird mitnichten als unaufhaltsamer Fall gezeichnet, er hat immer wieder die Wahl. Sein Verhalten ist keineswegs das Ergebnis vergangener Verletzungen, keine Kompensation von Minderwertigkeitskomplexen, sondern schlicht die Besinnung auf das alte Lied: "Du musst ein Schwein sein in dieser Welt. Daraus ziehst du Konsequenzen und du schaltest um auf schlecht. Die Welt ist ein Gerichtssaal und die Bösen kriegen Recht. " Natürlich gewinnt er durch seine steile Karriere an Fallhöhe, doch trotzdem gelingt es dem Zuschauer nicht, behaglich dem wohlverdienten Absturz zu applaudieren – dafür war die Ausgangssituation "im oberen Drittel der unteren Hälfte" der unseren zu ähnlich, dafür ist Gorge Mastromas viel zu viel Durchschnitt. Auch wenn er einen extremen Fall von Machtbesessenheit und Rücksichtslosigkeit darzustellen scheint, verdient seine schrittweise Abkapselung von Freunden, Geliebten und Verwandten eher Mitleid als Abscheu. Und die Darstellung anhaltenden Applaus.
Klar gesetzte Lichtwechsel erzeugen die Lebensräume des zum Big Boss degenerierten Gutmenschen, die sechs Darsteller konturieren dazu präzise ihre Figuren. ) Mastromas bläht seine Lebenslüge immer weiter auf, bis er gewaltsam ihr Platzen verhindern muss. ) wer sich aus dem Mittelmaß in die Top-Liga des Big Business verführen lässt, dem bleibt nur einsame Dunkelheit. " (Abendzeitung) "Autor Dennis Kelly, Jahrgang 1968, stammt nicht gerade aus wohlhabenden Verhältnissen. Ihm ist die Realität der britischen Unterschicht durchaus geläufig. Er kennt die Sehnsüchte des kleinen Mannes, die unerfüllbaren Träume ihrer Frauen. So ist sein Stück eine unmissverständliche Frage zu der Moral unserer Zeit. ) Jochen Schölch ist es erneut gelungen, mit einer minimalistischen Inszenierung Probleme unsrer heutigen, im Strudel der Finanzmärkte taumelnden Welt deutlich zu machen und mit seiner eindeutigen inszenatorischen Haltung Zeichen zu setzen, ohne ideologisch zu werden und die Kunst des Theaters zu verraten.